Prof. Hajo Funke referiert über den NSU Ausschuss

Unter dem Titel „Rechtspopulismus und rechte Gewalt – eine Bilanz und die Folgen für unsere Region“ veranstaltete am 17. April „Bunt ohne Braun – Bündnis gegen Rechts im Landkreis Darmstadt-Dieburg“ im überfüllten Saal des Hauses Hufnagel in Seeheim. Über 65 Gäste informierten sich aus erster Hand über die Zwischenergebnisse der NSU-Untersuchungsausschüsse, verbunden mit der Benennung von Namen der rechtsextremen Personen und den Organisationen sowie der Verstrickungen dieser als V-Leute im Staatsapparat.

Hülya Lehr, Prof. Hajo Funke und Stefan Zelder

Hülya Lehr, Prof. Hajo Funke und Stefan Zelder


In den Grußworten von Bürgermeister Olaf Kühn und des Kreisbeigeordneten Christel Fleischmann wurde auf rechtsextremistische Vorkommnisse bei der Stolperstein-Aktion und bei anderen Gelegenheiten aufmerksam gemacht, aber auch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger bei der Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge hingewiesen.

Hajo Funke berichtete auch über die Bewegungen der rechtspopulistischen Bestrebungen in Südhessen, wie die der AfD und auch über deren Verbindungen zur rechtsextremen Szene. Neben Fakten wie z.B. dass die Aufklärung des Mordes an den Kasseler Halit Yozgat durch die NSU von 2006, die durch den damaligen Innenminister und dem heutigen Landesministerpräsidenten Volker Bouffier behindert werde. In seiner Rede gab der Wissenschaftler Prof. Hajo Funke folgenden Appell an Politik und Gesellschaft:

„Die Herausforderungen an demokratische Parteien und die Öffentlichkeit sind europaweit wie in den einzelnen Ländern mit wenigen Ausnahmen enorm gewachsen. Sie bestehen in der öffentlichen Kritik an der Ausrichtung rechter Parteien und von Ressentiments gegen Roma oder Migranten mit islamischen Hintergrund und anderen Minoritäten – oder in den extremen Versionen gegenüber Juden. Um dies einzudämmen, bedarf es öffentlich entschiedener Haltungen und Politiken, die auf Integration statt auf Ausschluss setzen. Sie bestehen in der rechtsstaatlichen Durchsetzung elementarer Grundrechte aus einer Haltung der Sicherung der Menschenwürde jedes einzelnen – auch vor dem Hintergrund der NS-Geschichte.
Es muss gelingen, das Gefühl, insbesondere als Jugendliche überflüssig zu sein, durch eine soziale Politik vor Ort zu überwinden. Die erfahrenen oder wahrgenommenen Defizite an Partizipation in der Demokratie müssen durch die demokratischen Parteien und die Zivilgesellschaft, vor allem in den Kommunen und gegenüber den häufig nicht kommunizierten Entscheidungen der Europäischen Union entschiedener und damit anders als bisher angegangen werden. Es ist wichtig, dass Parteien wie vor allem die Europäische Union selbst, erst recht vor dem Hintergrund der Weltfinanzkrise, ihre Politik stärker am landesspezifischen wie europäischen ökonomischen und politischen Gemeinwohl ausrichtet“.

Das Bündnis gegen Rechts im Landkreis Darmstadt-Dieburg wurde von der Bündnissprecherin Hülya Lehr am Podium vertreten. Nach ihren Informationen über Vorfälle mit rechtsextremistischen Hintergrund aus der Gemeinde Münster und Umgebung betonte sie, dass es wichtig ist um über verfassungsfeindliche Vorkommnisse offen zu reden um auch Lösungen für einen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu finden. Zu den NSU-Morden forderte sie eine dringende Aufklärung und Transparenz in den Untersuchungsausschüssen. Der NSU-Komplex hat das Vertrauen zwischen uns Bürgern und dem Staat stark erschüttert, sagte sie.

Moderiert wurde die Veranstaltung vom Landeskoordinator der hessischen Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Herrn Stefan Zelder. Der Abend wurde mit lebhaften und konstruktiven Diskussionen fortgeführt.

Prof. Friedel Battenberg, bedankte sich bei den Unterstützern: Gemeinde Seeheim-Jugenheim, Kreisausländerbeirat, Landesausländerbeirat und der Arbeitsgemeinschaft der ehemaligen Synagoge Pfungstadt e.V. und betonte, dass die Sensibilisierung der Öffentlichkeit gegen rechte Gewalt, eines der Hauptaufgaben des Bündnisses ist.

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